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Greenpeace klagt weiter gegen britisches AKW Hinkley Point C

Hamburg/Berlin – Das geplante britische AKW Hinkley Point C soll Medienberichten zufolge mit bis zu 100 Milliarden Euro vom britischen Staat subventioniert werden. Greenpeace Energy sieht darin eine Wettbewerbsverzerrung auf dem Strommarkt und legt Rechtsmittel gegen das erste Urteil ein. Die Klage hat für Greenpeace trotz Brexit weiterhin hohe Relevanz.

Ende 2014 hatte die EU-Kommission milliardenschwere britische Subventionen für das geplante Atomkraftwerk (AKW) Hinkley Point C genehmigt. Greenpeace Energy war mit einer Klage in erster Instanz vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gescheitert. Dagegen hat der Versorger nun Rechtsmittel eingereicht.

Greenpeace legt Rechtsmittel gegen Klage-Abweisung ein

Greenpeace Energy hatte gemeinsam mit anderen Energieanbietern 2015 vor der ersten Instanz des EuGH die EU-Kommission verklagt, nachdem diese milliardenschwere Hilfszahlungen für das umstrittene Atomprojekt genehmigt hatte. Aus Sicht der Stromanbieter verzerren die milliardenschweren Hilfszahlungen für das umstrittene Atomprojekt den Wettbewerb auf dem europäischen Strommarkt zu Lasten der erneuerbaren Energien. Das Luxemburger Gericht hatte die Klage jedoch im September 2016 als unzulässig eingestuft; dagegen hat Greenpeace Energy nun Rechtsmittel eingelegt.

Im Gerichtsverfahren um die Subventionen für Hinkley Point C sehen die Anwälte von Greenpeace Energy gute Chancen, dem EU-Gericht Rechtsfehler bei der Abweisung der Klage nachweisen zu können. „Das Europäische Gericht hat die formale Hürde für eine Klage unverhältnismäßig hoch gelegt und die von den Klägern vorgetragenen Argumente sowie ein wissenschaftliches Gutachten nur sehr pauschal oder gar nicht gewürdigt“, sagt Rechtsanwältin Dr. Dörte Fouquet. Die Berufungsschrift gegen die Klage-Abweisung hat die Rechtsanwaltskanzlei Becker Büttner Held (bbh), die Greenpeace Energy juristisch im Verfahren vertritt, nun fristgerecht an den EuGH übermittelt.

Kläger sehen Verfahren als Präzedenzfall

Der an die Umweltorganisation angedockte Stromanbieter sieht in den Hinkley-Point-Subventionen insbesondere einen Präzedenzfall für weitere Atomsubventionen in Europa. „Gerade weil Hinkley Point C als Blaupause für zahlreiche weitere Atomprojekte in Europa gilt, das Gericht diesen Umstand aber komplett ignoriert, sind wir entschlossen, den Rechtsstreit um die unfairen Atomsubventionen bis zum Ende auszufechten“, sagt Greenpeace-Energy-Vorstand Sönke Tangermann.

So planen unter anderem Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei ebenfalls neue Reaktoren. Die vier Staaten sind sowohl in diesem als auch im parallelen Klageverfahren Österreichs vor dem EuGH als Streithelfer der Kommission beigetreten. Insgesamt sollen in Europa in den nächsten Jahren neue AKW mit einer Gesamtleistung von rund 34 Gigawatt entstehen, so Greenpeace Energy. Erst vor kurzem hatte die EU-Kommission ein erstes Verfahren um die staatliche Auftragsvergabe ohne Ausschreibung beim ungarischen Atomkraftwerk Paks II wieder zurückgezogen.

Brexit für Klage nicht von Bedeutung

Der angekündigte Ausstieg der Briten aus der Europäischen Union wird zunächst keinen Einfluss auf die Klage haben, wie Greenpeace Energy auf Anfrage von IWR Online erläutert. Zum einen geht Greenpeace davon aus, dass Großbritannien auch nach dem Brexit mit der Energieunion verbunden sein wird, ähnlich wie Norwegen oder die Schweiz. Bei einer solchen Assoziation werden die Briten auch weiter an EU-Beihilferecht gebunden sein.

Zum anderen richtet sich die Klage des Energieversorgers nicht gegen die britische Regierung, sondern gegen die Entscheidung der Europäischen Kommission, die als Blaupause für die Atomenergie in Europa dienen könnte. „Das ist keine symbolische Klage, sie ist für die Zukunft weiter von Bedeutung“, so Christoph Rasch von Greenpeace Energy.

Über die Klage gegen Hinkley Point C

Das EU-Gericht hatte die Unzulässigkeit der Klage in erster Instanz unter anderem damit begründet, dass alle Wettbewerber am europäischen Energiemarkt gleichermaßen von den Subventionen für Hinkley Point C benachteiligt seien – und Greenpeace Energy hier keine herausgehobene Stellung zufalle. Diese im Fachjargon „individuelle Betroffenheit“ aber ist formale Voraussetzung, um im Gerichtsverfahren zugelassen zu werden.

„Erstens trifft diese Behauptung auf einen ambitionierten Grünstromanbieter wie Greenpeace Energy und seine besondere Stellung am Energiemarkt nicht zu“, kontert Anwältin Fouquet. „Zweitens haben dann Energieunternehmen wie Greenpeace Energy in Zukunft keine Chance, gegen genehmigende Beihilfeentscheidungen und damit die Erlaubnis wettbewerbsverzerrender Atomsubventionen insbesondere aus einem Mitgliedstaat zu klagen, in dem die Unternehmen nicht ansässig sind, mit dem aber ein grenzüberschreitender Energiehandel möglich ist.“

© IWR, 2016




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