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Energiekrise Strom und Wärme: Warum Atomkraftwerke in Deutschland kaum Entlastung bringen

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Münster – Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine beraten die deutschen Energieminister heute über die Energiesicherheit in Deutschland. Während aus energiewirtschaftlicher Sicht vor allem die Gas- und Öllieferungen und damit die Wärmeversorgung im Fokus steht, dreht sich die politische Debatte vor allem um den Stromsektor und hier insbesondere um die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke.

Die hohe Abhängigkeit von fossilen Energieträgern ist seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine überdeutlich geworden. Gleichzeitig rückt mit einer möglichen Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke ein altes Thema wieder ins Rampenlicht.

Stromversorgung: Beitrag der deutschen Atomkraftwerke mittlerweile sehr gering
Auf dem Stromsektor ist der Beitrag der deutschen Atomkraftwerke mittlerweile überschaubar. Nur noch drei AKW in Deutschland mit einer Leistung von rd. 4.100 MW speisen Strom in die Netze ein. Die Stromerzeugung aus Kernkraftwerken wird im Jahr 2022 voraussichtlich um die 30 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) Strom erreichen.

Zum Vergleich: Die Windkraftanlagen in Deutschland haben allein in den ersten beiden Monaten Januar und Februar 2022 rd. 37 Mrd. kWh Strom produziert. Das sind bereits heute 20 Prozent mehr Strom als sämtliche deutschen Atomkraftwerke im ganzen Jahr produzieren werden. Der AKW-Stromanteil beträgt mittlerweile nur noch ganze rd. 5 Prozent an der Stromerzeugung in Deutschland und bringt beispielsweise für die Wärmeversorgung der Haushalte nichts, die mit Gas oder Öl heizen.

Der Anteil der Gaskraftwerke an der deutschen Bruttostromerzeugung erreichte 2021 rd. 90 Mrd. kWh. Aufgrund der hohen Gaspreise haben die Kraftwerksbetreiber in den beiden ersten Monaten des Jahres 2022 bereits den Gasanteil deutlich reduziert und setzen vermehrt auf Steinkohle. Auch der Anteil der Braunkohle an der Stromerzeugung ist gesunken.

Wärme- und Treibstoffversorgung: Abhängigkeit aus dem Ausland besonders hoch
Auf dem Stromsektor ist die Transformation hin zu erneuerbaren Energien bereits weit fortgeschritten. Regenerative Energien sorgen hier für eine Preisdämpfung auf dem Strommarkt, die explodierenden Energiepreise gehen zu Lasten der Preissprünge und Preisspekulationen bei den fossilen Energien.

Deutlich angespannter ist die Situation auf dem Wärme- und Treibstoffsektor, auch weil der Anteil der erneuerbaren Energien im Wärmesektor noch vergleichsweise gering ist. Aktuell liefert das russische Gasunternehmen Gazprom über die Nord Stream 1 Gaspipeline weiterhin – und bisher ununterbrochen - täglich 170 Mio. m³ Erdgas, das ist die maximal mögliche Menge. Über die Pipeline durch die Ukraine werden seit kurzem wieder 109 Mio. m³ pro Tag gepumpt, das ist hier die von Gazprom gebuchte maximale Beladung. Zwischenzeitlich hatte Gazprom über diese Transitstrecke zeitweise nur die Hälfte, d.h. rd. 50 Mio. m³ täglich, gebucht. Die dritte Pipeline, die durch Polen führende Jamal Europe Pipeline, wird dagegen nur temporär genutzt.

Deutschland benötigt derzeit pro Jahr über 80 Mrd. m³ Erdgas, davon kommen derzeit noch mehr als die Hälfte aus Russland. Abnehmer sind neben der Industrie vor allem die vielen privaten Haushalte, die mit Gas ihre Wohnungen heizen. Hier ist die Abhängigkeit von russischem Erdgas besonders hoch, kurzfristige Alternativen zu erschließen ist deutlich schwieriger als auf dem Stromsektor.

Auch im Öl- und Kohlesektor ist die Abhängigkeit von Russland derzeit noch sehr hoch. Alternative Bezugsquellen sind hier allerdings einfacher zu realisieren als beim Gas. Mittel- und langfristig wird der Ölbedarf aber auch hier weiter schrumpfen, beispielsweise durch den Umstieg auf Elektromobilität oder den Einsatz von Wasserstoff im Schiffs- und Flugverkehr.

© IWR, 2022


08.03.2022

 



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