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Wirtschaftliche Risiken durch deutsche Offshore-Windauktionen – Stiftung fordert Kurswechsel

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Berlin/Hamburg – Während hohe Gebotserlöse aus den jüngsten Offshore-Wind-Auktionen von der Politik als Erfolg gefeiert werden, mehren sich kritische Stimmen, die vor langfristigen Fehlentwicklungen warnen. Eine neue Analyse zeigt: Das derzeitige Ausschreibungsdesign könnte Investitionen hemmen, Kosten in die Höhe treiben und letztlich die Energiewende gefährden.

Eine aktuelle Studie der Stiftung Offshore-Windenergie zeigt die erheblichen Risiken des derzeitigen Ausschreibungsdesigns für Offshore-Windparks in Deutschland auf und unterlegt diese erstmalig mit Zahlen. Die von Enervis Energy Advisors durchgeführte Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass das Modell zur Vergabe von Offshore-Windflächen langfristig deutlich negative wirtschaftliche und energiepolitische Folgen haben könnte. Die Offshore-Stiftung fordert Nachbesserungen und sieht die neue Bundesregierung in der Pflicht, zu handeln.

Rekordgebote mit Nebenwirkungen: Risiken für Strompreise und Industrie
Die Bundesregierung vergibt Offshore-Windflächen derzeit im Höchstgebotsverfahren. Die Rekorderlöse – 13,4 Milliarden Euro im Jahr 2023 – wurden vom Bundeswirtschaftsministerium bislang als Beleg für die Marktattraktivität und einen Beitrag zur Senkung der Netzumlage gewertet. Die neue Studie warnt jedoch vor langfristigen Risiken.

Demnach könnten die hohen Gebotssummen zu steigenden Strompreisen führen, da Betreiber ihre Kosten über langfristige Stromlieferverträge (PPAs) an Industriekunden weitergeben. Betroffene wären insbesondere energieintensive Branchen wie Bahn und Chemie.

Zudem sei der tatsächliche Effekt der Auktionserlöse auf die Offshore-Netzumlage begrenzt: Selbst optimistische Szenarien gehen von maximal 7,4 Prozent Entlastung aus – und das nur, wenn die Projekte wie geplant realisiert werden. Da 90 Prozent der Zahlungen erst nach Inbetriebnahme fließen, sind ein umsetzungsfreundliches Auktionsdesign und stabile Rahmenbedingungen entscheidend für einen effizienten Netzausbau.

Ein weiteres Problem des aktuellen Modells liegt nach den Studienergebnissen in der Umsetzung der bezuschlagten Projekte. Hohe Finanzierungslasten könnten dazu führen, dass Anbieter bei der Beschaffung sparen – etwa durch den verstärkten Rückgriff auf günstige Zulieferer aus China. Das würde nicht nur europäische Hersteller unter Druck setzen, sondern auch neue Abhängigkeiten schaffen. Gleichzeitig steigt laut Studie die Gefahr, dass Projekte durch politische, regulatorische oder wirtschaftliche Unsicherheiten gestoppt werden – mit direkten Folgen für Versorgungssicherheit und Ausbauziele.

Ausschreibungsdesign auf dem Prüfstand: Stiftung schlägt neue Vergabepraxis vor
In Anbetracht der Studienergebnisse fordert die Stiftung Offshore-Windenergie eine grundlegende Überarbeitung der Vergabepraxis. „Die Energiewende darf nicht durch die Fixierung auf eine kurzfristige Einnahmenmaximierung gefährdet und der klare Blick auf die komplexen Marktrisiken und -zusammenhänge durch die hohen Gebotssummen der vergangenen zwei Jahre getrübt werden“, mahnt Karina Würtz, Geschäftsführerin der Offshore-Stiftung, zur Kurskorrektur. Anstelle des aktuellen Ausschreibungsdesigns brauche es ein Verfahren, das die Risiken am Markt realistisch abbildet und langfristige Investitionssicherheit schafft. „Die Ergebnisse der Analyse müssen als Aufforderung an die kommende Bundesregierung verstanden werden, hier endlich den Kurs zu korrigieren”, so Würtz weiter.

Hierzu gibt es laut Offshore-Stiftung aus dem europäischen Kontext heraus bereits eine Reihe von erfolgsversprechenden Puzzlestücken, die in einem Dialog mit der Branche in den kommenden Monaten zu einem stimmigen Modell für Deutschland zusammengesetzt werden könnten.

Als Alternativen für das derzeitige Ausschreibungsmodell schlägt die Stiftung unter anderem zweiseitige Differenzverträge (CfDs) vor. Diese würden Erlöse absichern, Marktvolatilitäten ausgleichen und so das Risiko – und damit auch die Finanzierungskosten – für Projektträger senken. Weitere Empfehlungen sind eine Begrenzung des Zuschlagsvolumens pro Bieter zur Wahrung des Wettbewerbs, präzisere Präqualifikationen zur Vermeidung spekulativer Preisausreißer sowie qualitative Bewertungskriterien wie CO2-Bilanz und Innovationsgrad.

Studienhintergrund: Erste fundierte Bewertung des deutschen Auktionsmodells
Die Analyse „Ausschreibungsdesign für Offshore-Windflächen in Deutschland: Effekte der ungedeckelten Gebotskomponente auf die Offshore-Netzumlage, PPA-Preise sowie Risiken für die Umsetzung von Projekten“ wurde von der Stiftung Offshore-Windenergie bei Enervis Energy Advisors in Auftrag gegeben. Durchgeführt wurde die Untersuchung im Rahmen des Projekts „Grüner Wasserstoff aus Offshore Windenergie 2“, das vom niedersächsischen Umweltministerium gefördert wird. Die Analyse folgt einer Empfehlung der Europäischen Kommission, die Wirkung von Ausschreibungsdesigns ohne Preisdeckelung kritisch zu evaluieren. Für Deutschland liegt mit der Studie nun erstmals eine fundierte Bewertung vor.


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20.05.2025

 



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