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Hohe Schlagzahl für eine Brennstoffzellen-Produktion in Europa

© Fraunhofer IPT© Fraunhofer IPT

Aachen - Für einen umweltfreundlichen Straßenverkehr werden künftig Hunderttausende von Brennstoffzellen für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge benötigt, vor allem im Nutzfahrzeugbereich. Doch die Brennstoffzellen-Produktion ist bislang aufwendig und zu langsam. Das soll sich ändern.

Ein Fraunhofer-Team hat eine Produktionsanlage entwickelt, die die künftig Brennstoffzellen-Komponenten im Sekundentakt verarbeitet. Diese Pilotlinie wird vom 12. bis 16. April 2021 auf der Hannover Messe Digital Edition vorgestellt.

Wasserstoff-Strategie der EU und der Bundesregierung als Motor
Im Juli 2020 hat die EU-Kommission eine Wasserstoffstrategie mit Stufenplan vorgestellt. Bis 2030 sollen danach Elektrolyseure mit einer Leistung von 40 GW installiert und bis zu 10 Mio. t Wasserstoff produziert werden. In Deutschland hat die Bundesregierung das Ziel ausgegeben, Elektrolyse-Anlagen zur Wasserstoffproduktion mit einer Gesamtleistung von 10 Gigawatt bis zum Jahr 2040 aufzubauen. Doch für die vielen Millionen Fahrzeuge braucht es viele Millionen Brennstoffzellen, die den Wasserstoff in Strom wandeln. Eine Massenfertigung, die diesen Bedarf decken könnte, gibt es in Europa aber noch nicht. Derzeit fehlt es vor allem an einer geschlossenen Prozesskette, in der wie am Fließband Brennstoffzellen-Komponenten gefertigt und zu einem Ganzen zusammengebaut werden.

Fertigung im Sekundentakt aus einer Hand
»Wir brauchen durchgängige Fertigungslinien, die im Sekundentakt Komponenten auswerfen und verarbeiten können«, sagt Dr.-Ing. Christoph Baum, Geschäftsführer des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT in Aachen. Davon ist man in Europa aktuell aber noch weit entfernt, so Baum. Weil die verschiedenen Komponenten von unterschiedlichen Lieferanten kommen, ist die Logistik aufwendig und die Fertigung langsam. Das Fraunhofer IPT entwickelt daher erstmals eine durchgängige Pilotlinie im Forschungsumfeld, in der Brennstoffzellenkomponenten vor Ort gefertigt und zum fertigen Produkt zusammengefügt werden.

Produktion: Herzstück der Brennstoffzelle
Im Detail geht es dabei um die Fertigung des Herzstücks einer Brennstoffzelle, des sogenannten »Stacks«, des Stapels, an dem die Reaktion vom Wasserstoff zum Wasser und die Stromgewinnung ablaufen. Ein solcher Stack besteht aus mehreren Hundert eng aufeinandergestapelten Bipolarplatten. Die Bipolarplatten sind von einem millimeterfeinen, filigranen System von Kanälen durchzogen, durch die auf der einen Seite der Wasserstoff zugeleitet und auf der anderen Seite das bei der chemischen Reaktion im Stack entstehende Wasser abgeführt wird.

Die Produktion solcher Bipolarplatten hat es aber in sich. Für die Umsetzung hat das Team vom Fraunhofer IPT jetzt eine Produktionslinie entwickelt, in der über spezielle Greifwerkzeuge, sogenannte Pick-and-Place-Automaten, alle Komponenten und die Bipolarplatten so weitergereicht werden, dass sich ein fließender Prozess ergibt. Diese Pilotlinie wird vom 12. bis 16. April 2021 während der Hannover Messe Digital Edition vorgestellt: In einem Live-Stream berichtet das Fraunhofer IPT gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS und dem Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU über den Aktionsplan und erste Forschungsergebnisse der Fraunhofer-Gesellschaft zu einer kostengünstigen, automatisierten Massenproduktion von Brennstoffzellen.

Projekt CoBIP – Bipolarplatten zukünftig von der Rolle?
Das Fraunhofer IPT treibt die Automatisierung der Pilotlinie aktuell im Projekt CoBIP (Kontinuierliche Rolle-zu-Rolle Fertigung von Bipolarplatten für Brennstoffzellen) zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT, dem Forschungszentrum Jülich und mehreren Industriepartnern aber noch deutlich weiter. Die Forschenden entwickeln darin eine Anlage, in der die Bipolarplatten quasi in einem Folienstrang von der Rolle verarbeitet werden. Der Folienstrang durchläuft die Maschine und damit alle Prozessschritte vom Rohling über das Umformen, das Bedampfen und das Reinigen bis zum Fügen mit dem Laser. Erst ganz zum Schluss werden die Bipolarplatten vom Strang abgeschnitten und vereinzelt. Diese durchgängige Fertigung von der Rolle zum fertigen Stück wird in Zukunft viele Handling-Schritte einsparen.
Die Anlage ist so flexibel konstruiert, dass Industriepartner einzelne Fertigungsmodule nach Belieben austauschen und testen können.

Brennstoffzellen-Produktion: Massenproduktion notwendig
Doch mahnen die Forscher an, dass der Transfer in die Massenproduktion noch nicht gelungen sei. „In Europa verfügen wir zwar über viel System-Know-how, um hochwertige Brennstoffzellen herzustellen. Es fehlt aber an Möglichkeiten, Brennstoffzellen in industriellem Maßstab zu wettbewerbsfähigen Preisen zu produzieren«, resümiert Christoph Baum. Baum mahnt an, dass bei den Brennstoffzellen die Hürde einer industriellen Produktionsskalierung nicht unterschätzt werden dürfe.

Ähnlich wie bei Batterien ist der Transfer von Systemen aus dem Labor in die Massenproduktion ein aufwändiger Schritt. Hier hat die internationale Konkurrenz nach Baums Ansicht in der Vergangenheit entschlossener die Expertise einer kostengünstigen Massenproduktion aufgebaut. Dank hocheffizienter Fertigungslinien wie sie das Fraunhofer IPT jetzt vorstellt, sollen die Herausforderungen einer industriellen Fertigung frühzeitig erkannt werden, wünscht sich Baum.

© IWR, 2021


30.03.2021

 



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