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Milliardenschwere Finanzierungslücke: Frankreich will Finanzhilfen von Großbritannien für Bau von Atomkraftwerk Hinkley Point C

© EDF Hinkley Point C© EDF Hinkley Point C

Paris / London - Beim Bau des britischen Atomkraftwerks Hinkley Point C droht eine milliardenschwere Finanzierungslücke. Hinter den Kulissen ringen Frankreich und Großbritannien bereits einen Tag nach Vorlage des neuen EDF-Zwischenberichts darüber, wie die gewaltigen Mehrkosten für das britische Atomkraftwerk gedeckt werden sollen. Das berichtet die Financial Times (FT).

Die jüngst geschätzten Baukosten für Hinkley Point C (Stand: 23.01.2024) steigen laut dem französischen Staatskonzern EDF auf bis zu 35 Mrd. £ (in Preisen von 2015), d.h. auf rd. 46 Mrd. £ zu heutigen Preisen. Bezogen auf die letzte EDF-Schätzung vom 19.05.2022 in Höhe von 25 - 26 Mrd. £ (Preise 2015) ist das eine Kostensteigerung um rd. ein Drittel. Auch die Inbetriebnahme wird von 2027 (Block C1) und 2028 (Block C2) auf Ende des Jahrzehnts bzw. ggf. bis 2031 verschoben. Paris und London suchen einen Ausweg aus der Misere.

Paris will Gesamtpaket zur Finanzierung von Hinkley Point C und Sizewell C
Laut der FT drängt Paris auf eine "Gesamt-Paketlösung", d.h. die französische Regierung will die Finanzierungslücke bei Hinkley Point C nun mit Finanzierungsfragen für das geplante britische Atomkraftwerk Sizewell C verbinden. Großbritannien sieht das allerdings anders, weil bei dem AKW Sizewell C der britische Staat als Hauptanteilseigner auftritt, während beim Atomkraftwerks-Projekt Hinkley Point C der französisch-staatliche Energiekonzern EDF die Mehrheitsbeteiligung hat.

Erschwerend kommt für die französische EDF in der aktuellen Situation hinzu, dass die chinesische CGN (China Group Nuclear Power Group) gemäß ihrem Anteil von 33,5 Prozent an Hinkley Point C die Zahlungsverpflichtungen zwar eingehalten hat, aber darüber hinaus keine weiteren Mittel bereitstellen will und auch nicht dazu verpflichtet ist. Des Weiteren muss der mit über 64,5 Mrd. Euro (Stand: Ende 2022) verschuldete Staatskonzern EDF auch noch geplante AKW-Neubauten in Frankreich finanzieren.

London will kein Geld in das Bauvorhaben Hinkley Point C stecken – Staatliche Preisgarantien für Atomstrom sollen reichen
Es ist daher nicht verwunderlich, dass Großbritannien keine Finanzmittel in das Bauprojekt Hinkley Point C stecken will, zumal die Briten bereits staatliche Preisgarantien für die laufenden Betriebseinnahmen, d.h. den Verkauf des Atomstroms, bereitstellen. EDF und die britische Regierung haben im Rahmen eines Contract for Difference (CfD) Modells bei Vertragsabschluss einen staatlich garantierten Preis für den Atomstrom vereinbart, der bei 89,50 £ /MWh (10,3 Cent/kWh) begann und dann in den Folgejahren mit der jährlichen britischen Inflationsrate steigt.

Laut dem Auszug aus dem britischen CfD-Register mit Stand vom 01.09.2023 ist der aktuelle Preis für den Atomstrom aus Hinkley Point C bereits inflationsbedingt auf das neue Zwischenhoch von 128,09 £ /MWh (ca. 14,8 Cent/kWh) gestiegen. Schreibt man eine jährliche Inflationsrate von 3 Prozent in Großbritannien bis zum Ende des Jahrzehnts (aktuell geplante Inbetriebnahme des AKW Hinkley Point C) fort, dann könnte der Atomstrom rd. 18 Cent/kWh erreichen. Liegt der tatsächlich zu erzielende Preis auf den Strommärkten darunter, dann trägt die Differenz zu dem dann gültigen garantieren Abrechnungspreis der britische Stromkunde oder der Steuerzahler.

Auswirkungen auf britische AKW-Roadmap - 24 GW Atomkraftwerksleistung
Angesichts der langen AKW-Bauzeiten von 10 - 15 Jahren sowie des Streits und der Finanzierungsprobleme schon beim Bau eines einzelnen Atomkraftwerks wie Hinkley Point C (Bruttoleistung: 3.280 MW) ist nicht erkennbar, wie die jüngst vorgestellte britische Roadmap technisch und wirtschaftlich umgesetzt werden kann, wonach die zukünftige britische Atomflotte bis zum Jahr 2050 auf 24.000 MW (24 GW) ansteigen soll.

Aktuell hat Großbritannien nur noch neun Atomkraftwerke mit einer Bruttoleistung von 6.500 MW (in der Spitze waren es einmal 13.000 MW) in Betrieb. In den nächsten Jahren müssen laut Planungen allerdings weitere acht AGR-Atomkraftwerke aus technischen Altersgründen abgeschaltet werden, übrig bleibt bis zur Inbetriebnahme von Hinkley Point C dann zwischenzeitlich nur das Atomkraftwerk Sizewell B mit einer Bruttoleistung von 1.250 MW übrig. Ein Hochlauf der britischen Atomflotte auf 24.000 MW dürfte daher - wenn überhaupt - sehr viele Jahrzehnte andauern.

© IWR, 2024


25.01.2024

 



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