Studie: Staatlich verkapptes Milliardengeschenk an Kohleunternehmen
Ein Forscherteam des Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) und der Denkfabrik IAB der Bundesagentur für Arbeit haben die Folgen der Frühverrentung in den Braunkohleunternehmen untersucht. Dabei haben sie im Szenario „betrieblicher Vorruhestand“ durch die Unternehmen die Kosten ermittelt und den Kosten gegenüberstellt, die im Falle der „staatlichen Vorruhestandsregelung“ anfallen würden.
Studie: Braunkohle-Unternehmen werden um 1,7 Milliarden Euro entlastet
Im Zusammenhang mit dem Kohleausstieg wird derzeit das staatliche "Anpassungsgeld Braunkohle" verhandelt. Gleichzeitig bieten die Braunkohleunternehmen aber schon jetzt entsprechende betriebliche Programme an, die Kosten dafür würden in Zukunft entfallen. „Schon heute bieten die Braunkohle-Unternehmen auf eigene Kosten Frühverrentungsprogramme an, die die Unternehmen unter realistischen Annahmen 1,7 Milliarden Euro bis zum Enddatum des Kohleausstiegs im Jahr 2038 kosten würden“, berichtet MCC-Forscher Luke Haywood. Diese Kosten würde der Steuerzahler übernehmen, wenn das Anpassungsgeld vom Staat finanziert wird, fast Haywood das Ergebnis der Studie zusammen.
Auswertung von Daten der Sozialversicherung - Szenario "betrieblicher Vorruhestand"
Die Studie basiert auf den amtlichen Sozialversicherungsdaten von aktuellen und ehemaligen Braunkohle-Beschäftigten in ganz Deutschland. Das Forscherteam von MCC und IAB ermittelte daraus die Altersstruktur der aktuell Beschäftigten sowie die Frühverrentungen im Zeitraum 2010 bis 2017. Die Daten zeigen, dass Beschäftigte in der Braunkohle außergewöhnlich früh in den Ruhestand gehen und die Frühverrentung schon heute fast universell ist. Im Rheinland und in der Lausitz gehen mehr als die Hälfte der Braunkohle-Beschäftigten vor 58 in Rente. Bei solchen Frühverrentungen entstehen den Unternehmen zusätzliche Kosten, analog zu Abfindungen. Das daraus hochgerechnete Szenario „betrieblicher Vorruhestand“ ergibt bis 2038 von den Unternehmen finanzierte Frühverrentungskosten von 919 Millionen Euro im Rheinland, 596 Millionen Euro in der Lausitz und 185 Millionen Euro in Mitteldeutschland, d.h. in Summe 1,7 Milliarden Euro.
Szenario "staatlicher Vorruhestand" kostet 2,8 Milliarden Euro bis 2038 und entlastet Kohleunternehmen
Das Szenario „staatlicher Vorruhestand“ hingegen geht von dem Vorschlag der Kohlekommission aus: Beschäftigte ab 58 Jahren erhalten fünf Jahre ein monatliches Anpassungsgeld in Höhe von 85 Prozent ihres vorherigen Lohns. Das kostet dann bis 2038 rund 2,8 Milliarden Euro, gleichzeitig entfallen die Kosten für den „betrieblichen Vorruhestand“ für die Kohleunternehmen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro. „Die Beschäftigten profitieren wenig vom Anpassungsgeld. Man sollte alternative Instrumente prüfen“, empfiehlt Haywood deshalb. „So könnte die Bundesagentur für Arbeit die Entgeltsicherung, die sie bisher branchenübergreifend älteren Arbeitslosen anbietet, zusätzlich Beschäftigten jeden Alters anbieten, die aus der Braunkohle ausscheiden. Dies könnte auch gutbezahlten Beschäftigten aus der Braunkohle eine Perspektive jenseits von Frühverrentung oder Arbeitslosengeld ermöglichen und gleichzeitig den Fachkräftemangel in anderen Branchen der betroffenen Regionen abmindern.“
© IWR, 2019
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