Strompreis-Schockwelle in Frankreich – dritte große Preiserhöhung für Verbraucher in einem Jahr
Nachdem der französische Präsident Macron den Anstieg der französischen Strompreise 2022 auf 4 Prozent deckelte und Milliarden an Mehrkosten der staatliche Energieversorger EDF durch höhere Schulden übernommen hatte, fallen die Strompreiserhöhungen 2023 und 2024 für die französischen Verbraucher umso drastischer aus. Dabei ist die Preiserhöhungswelle noch nicht zu Ende.
Frankreich: Verbraucher-Strompreise steigen um 39 Prozent in 12 Monaten
Der französische Staat organisiert das schrittweise Ende der Subventionen für Strom, die im Herbst 2021 angekündigt wurden, d.h. noch bevor der massive Ausfall französischer Atomkraftwerke Ende 2021 spürbar wurde und der russische Krieg in der Ukraine 2022 zu einem Rekordanstieg der Gas- und Strompreise führte. Die Deckelung der Strompreiserhöhung im Februar 2022 auf 4 Prozent spiegelte nicht die realen Strompreiserhöhungen am Markt wider. Der staatliche Energieversorger EDF konnte wegen der Probleme und Nichtverfügbarkeit der französischen Atomflotte in der Spitze nur 30 Prozent der gesamten AKW-Kraftwerksleistung für die Stromproduktion einsetzen. Die Atomstromproduktion sank auf den niedrigsten Stand seit über 30 Jahren.
Weil EDF den fehlenden eigenen Atomstrom 2022 auf dem europäischen Strommarkt zu historisch hohen Preisen einkaufen musste, die Preiserhöhungen aber wegen der Deckelung nicht weiterreichen durfte, kletterten die Schulden von EDF allein im Jahr 2022 um knapp 18 Mrd. auf den Rekordwert von 64,8 Mrd. Euro.
Nun die Kehrtwende: Im Februar 2023 wurden die Strompreise zunächst um 15 Prozent, zum 01. August um 10 Prozent und zum Februar 2024 noch einmal um 10 Prozent angehoben. Innerhalb von 12 Monaten ist das ein Anstieg um 39 Prozent. Doch das Ende ist noch nicht erreicht, denn die „Steuer auf den Endstromverbrauch (TIFCE)“, die jetzt auf 2,1 Cent/kWh erhöht wurde, steigt zum Februar 2025 auf 3,244 Cent/kWh.
Verbraucher-Strompreise in Frankreich und in Deutschland 2024
In Frankreich liegt der reine Arbeitspreis im regulierten blauen Tarif von EDF seit dem Februar 2024 bei 25,16 Cent pro Kilowattstunde Strom. Dazu kommt noch – anders als in Deutschland - eine von der Anschlussleistung abhängige, jährliche Grundgebühr. Für ein kleines Appartement mit einer Anschlussleistung von 6 kVA sind derzeit 151,20 Euro an fixer Jahresgebühr zusätzlich zum Verbrauch zu zahlen, für ein Einfamilienhaus mit 24 kVA (ca. 22 kW) sind 381,12 Euro, bei 36 kVA Anschlussleistung sind dann schon 537,84 Euro fällig.
Legt man einen Jahres-Stromverbrauch von 4.000 kWh und eine Anschlussleistung von 24 kVA in einem Einfamilienhaus (EFH) zu Grunde, dann beträgt die Jahresrechnung 4.000 kWh x 0,2511 = 1.004,40 Euro + 381,12 Euro fixe Jahresgebühr = 1.385,52 Euro Jahres-Stromrechnung in Frankreich. In Deutschland sind bei Strom-Neuabschlüssen laut Check 24 und Verivox die Jahreskosten für einen Verbrauch von 4.000 kWh derzeit bei unter oder um 1.000 Euro.
Atomstrom in Frankreich soll ab 2026 um 67 Prozent auf 7 Cent/kWh steigen
Nach einem Bericht der Tageszeitung Le Monde soll der Preis für Strom aus französischen Atomkraftwerken ab 2026 von 4,2 um 67 Prozent auf 7 Cent pro kWh steigen. Hintergrund ist, dass das Arenh-System Ende 2025 ausläuft.
Künftig soll der höhere Preis für Atomstrom von 7 Cent/kWh für die gesamte französische AKW-Stromproduktion gelten. Zusätzlich ist vorgesehen, dass ein Mechanismus zur Umverteilung der EDF-Einnahmen eingeführt wird. Das bedeutet, dass EDF 50 Prozent der Einnahmen über 7,8 – 8,0 Cent/kWh und 90 Prozent über 11,0 Cent/kWh an die Verbraucher zurückgeben muss. Diese Kosten pro kWh enthalten jedoch nicht weitere Kosten wie etwa die Durchleitung, etc.
Unklar ist allerdings, was passiert, wenn der französische Strompreis am Markt unter den Preis für den französischen Atomstrom, d.h. der Marke von 7 Cent/kWh, fällt. Aktuell wird beispielsweise der Jahresfuture (Grundlast) zur Lieferung im Jahr 2026 für den französischen Strommarkt mit nur 6 Cent/kWh (Stand: 23.02.2024) gehandelt. Warum sollte sich ein Industrieunternehmen im Rahmen eines langfristigen Atomstrom-Liefervertrages an EDF binden (zum Preis von 7 Cent/kWh), wenn die Preise am französischen Markt deutlich darunter liegen.
Nicht auszuschließen ist, dass der französische Staat beim Unterschreiten unter die Marke von 7 Cent/kWh Atomstrompreis eingreift und die Differenz zum Marktpreis übernimmt bzw. subventionieren könnte. Das wäre ein klassisches CFD (Contract for Difference) Finanzierungsmodell und zwar nicht wie im Fall des im Bau befindlichen britischen Atomkraftwerks Hinkley Point C für neue Atomkraftwerke, sondern in diesem Fall ein Subventionsmodell durch die Hintertür für die alternde, bestehende französische Atomflotte.
© IWR, 2024
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