Vorteil Engie: Belgische AKW-Laufzeitverlängerung setzt Regierung unter Kostendruck
© Fotolia/AdobeBrüssel - Im März 2022 hat die belgische Regierung beschlossen, zwei der vier Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Doch nun gibt es ein heftiges Tauziehen um die Verteilung der Kosten für den AKW-Weiterbetrieb zwischen dem Energieversorger Engie und der belgischen Regierung.
Belgien hat Atomkraftwerke an zwei Standorten (Doel 1-4, Antwerpen und Tihange 1-3 bei Huy, westlich von Lüttich). Von den einst sieben in Betrieb befindlichen Reaktoren wurde im September 2022 bereits das 40 Jahre alte AKW Doel 3 mit einer Bruttoleistung von 1056 MW endgültig stillgelegt. Im Februar 2023 folgt dann die Abschaltung des Atomkraftwerks Tihange 2.
Mit der vorschnellen Festlegung auf eine Laufzeitverlängerung im Frühjahr 2022 für die beiden restlichen AKW über das Jahr 2025 hinaus bis 2035, ohne vorherige verbindliche Festlegungen mit dem AKW-Betreiber Engie, hat sich die belgische Regierung allerdings selbst in eine äußerst schwierige Lage manövriert. Die deutlich bessere Verhandlungsposition hat nun der Energieversorger Engie, wenn es um die Verteilung der Kosten geht.
Wie das Nachrichtenmagazin Le Vif herausgefunden hat, geht es in den drei Arbeitsgruppen um die AKW-Verlängerung für Doel 4 und Tihange 3 im engeren Sinne, aber auch um den Umgang mit dem Atommüll und um die Betreiberstruktur für die Restlaufzeit der beiden Atomkraftwerke.
Vorgesehen ist danach, dass eine endgültige und rechtliche Vereinbarung bis zum 31.12.2022 stehen soll. Doch danach sieht es derzeit nicht aus. So will sich Engie erst gar nicht auf die Verfügbarkeit der beiden AKW Doel 4 und Tihange 3 ab November 2026 festlegen. Zudem will Engie laut Le Vif, dass die "astronomischen Kosten für die Entsorgung von Atommüll gekappt werden". Des Weiteren geht es auch um den zusätzlich anfallenden Atommüll beim AKW-Betrieb, der wegen des "voreiligen Antrags der belgischen Regierung verlängert wurde." Auch sollen sich die belgischen Behörden an den AKW-Demontagekosten beteiligen.
Engie fordert im Falle der Laufzeitverlängerung einen kostenorientierten Fördermechanismus mit einer Mindestrendite, eine grundsätzliche Erstattung von Fixkosten bei Nichtbetrieb der beiden AKWs, was auch immer der Grund für den Nichtbetrieb ist. Laut Le Vif geht die neueste Kostenschätzung für den Atommüll aktuell von 10 Mrd. Euro aus und es sei eine gute Gelegenheit für Engie, diese "gigantische Rechnung auf Kosten der öffentlichen Finanzen zu reduzieren". Dies könnte z.B. bedeuten, dass der belgische Staat die Lagerkosten nicht erst 2066, sondern schon ab 2032 übernimmt.
Letztendlich will Engie eine neue Zweckgesellschaft speziell für die beiden Reaktoren Doel 4 und Thinage 3 gründen, an der sich der belgische Staat mit 50 Prozent beteiligen soll.
Ob die belgische AKW-Laufzeitverlängerung vor diesem Hintergrund und in welcher Form tatsächlich so kommt, ist derzeit kaum absehbar. Aus der Position der Stärke kann der Energieversorger Engie zumindest gehörigen Druck auf die belgische Regierung ausüben, die sich selbst in diese äußerst schwierige Lage manövriert hat.
© IWR, 2024
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09.11.2022