Schweizer stimmen für den Atomausstieg
In der gestrigen (21. Mai 2017) Volksabstimmung haben die Schweizer den ersten großen Umsetzungsschritt der „Energiestrategie 2050“ mit 58 Prozent der Stimmen angenommen. Das Vorhaben umfasst den grundlegenden Umbau des eidgenössischen Energiesystems.
Energiestrategie 2050: Energieeffizienz, Erneuerbare und Wasserkraft-Förderung
Die Energiestrategie 2050 war seit 2011 als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe von Fukushima vom schweizerischen Bundesrat und vom Parlament erarbeitet worden. Ein erstes Maßnahmenpaket zur Umsetzung der Energiestrategie, eine vollständige Revision des Energiegesetztes sowie Änderungen in verschiedenen weiteren Bundesgesetzen, ist am 30. September 2016 vom Parlament angenommen und nun im Referendum bestätigt worden.
Das verabschiedete neue Energiegesetz enthält Maßnahmen, um den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu erhöhen und den Ausbau der erneuerbaren Energien wie die Sonnen- und Windenergie, Geothermie und Biomasse zu fördern. Bestehende große Wasserkraftwerke erhalten eine temporäre Förderung, da sie bei den aktuell niedrigen Energiepreisen nicht wirtschaftlich betrieben werden können.
Neubau-Verbot für Atomkraftwerke
Das Energiegesetz verbietet zudem den Neubau von Atomkraftwerken (AKW) und die Wiederaufbereitung von Atommüll. Bestehende Kernkraftwerk dürfen jedoch solange weiter betrieben werden, wie sie als sicher gelten. Damit hat die Schweiz den beschlossenen schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie nun gesetzlich beschossen.
Die Schweiz verfügt über fünf aktive Atomreaktoren mit einer gesamten Netto-Leistung von 3.333 Megawatt (MW). Die Reaktoren wurden in den 60er und 70er Jahren errichtet und zählen zu den ältesten der Europas. Mit dem AKW Mühlenberg (373 MW) betreibt die Schweiz das älteste aktive Atomkraftwerk der Welt. Der Meiler ging 1972 ans Net (Baubeginn: 1967).
Schweizer Energiestiftung: AKW-Risiken bleiben
Die Schweizer Energiestiftung SES zeigt sich über das klare Ja zur Energiestrategie und zum Atomausstieg erfreut. „Mit diesem Richtungsentscheid wurden die Weichen in Richtung Energiewende gestellt“, so die Einschätzung von Florian Brunner von SES. „Die Energieversorgung der Schweiz bekommt damit mehr Planungs- und Investitionssicherheit.“ Das nukleare Rest-Risiko des ältesten AKW der Welt bleibe jedoch weiter bestehen. „Die SES wird weiterhin darauf pochen, das Atom-Risiko zu minimieren und die Energiewende rasch voranzutreiben“, so Brunner weiter.
Stromwirtschaft begrüßt Planungssicherheit, sieht jedoch Korrekturbedarf
Das Komitee „Schweizer Wirtschaft für die Energiestrategie 2050“, in dem rund 150 Unternehmen und Verbände sowie die Schweizer Städte zusammengeschlossen sind, zeigt sich erfreut über dieses klare Resultat. Die Energiepolitik stehe wieder auf verlässlichen Füssen und die Wirtschaft erhält Investitions- und Planungssicherheit zurück, so das Komitee. Die Bevölkerung habe mit dem Beschluss die Erkenntnis bestätigt, dass der weltweite Trend in Richtung erneuerbare Energien und Energieeffizienz zeigt und auch die großen Investitionen in diese Richtung fließen.
Auch die Energiewirtschaft unterstützt das Vorhaben. So zeigt sich der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) erfreut über das Ergebnis als soliden Rechtsrahmen für den Umbau des Energiesystems, betont aber, dass die Revision verschiedener Verordnungen für die Branche ohne Nachteile umsetzbar sein müsse. Dort sieht der VSE noch Korrekturbedarf in diversen Punkten. „Konkret müssen nun die Themen Eigenversorgung, Versorgungssicherheit, Stromtarife, Stromspeicherung und Netzausbau vertieft werden – zusammen mit der Energiebranche“, so VSE-Direktor Michael Frank.
Initiative für schnellen Atomausstieg war 2016 gescheitert
Die Schweizer hatten Ende 2016 eine Volksinitiative für einen schnelleren Atomausstieg abgelehnt, durch die ein Enddatum für den Betrieb von Atomkraftwerken gesetzt worden wäre. Stärkstes Gegenargument waren Sorgen vor hohen Schadensersatzforderungen. Allein der AKW-Betreiber Axpo wollte im Falle des schnelleren Ausstiegs 4,1 Milliarden Franken von der Eidgenossenschaft fordern.
© IWR, 2017
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