Düstere Zeiten für Kohlekraftwerke weltweit mit Ausnahme von China
Der globale Markt für Kohlekraftwerke gerät - außerhalb von China - zunehmend unter Druck. Neben der schwieriger werdenden Finanzierung durch den Rückzug von Investoren steigt das Investmentrisiko in Kohlekraftwerke wegen der sinkenden Stromerzeugungskosten bei erneuerbaren Energien und Gaskraftwerken.
Süd- und Südostasien: Planungen für neue Kohlekraftwerke mit über 60 GW vor dem Aus
Die Planungen für den Bau neuer Kohlekraftwerke in Süd- und Südostasien sind auf den niedrigsten Stand seit 2015 gefallen. Das geht aus einer Untersuchung von Global Energy Monitor hervor. Im Jahr 2015 hatten die vier Länder Indonesien, Vietnam, Philippinen und Bangladesch noch neue Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 125.000 MW (125 GW) in der Planungs-Pipeline, Ende 2020 schrumpfte diese Kapazität auf 69,5 GW. Wenn die politischen Ankündigungen für das Jahr 2021 in den vier Ländern finalisiert werden, geht die geplante Neubauleistung möglicherweise auf nur noch 25,2 GW zurück, so die Prognose von Global Energy Monitor. Die endgültige Leistungszahl dürfte noch niedriger ausfallen, denn von den verbleibenden Kraftwerken haben nur Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 10,1 GW auch eine gesicherte Finanzierung.
In Bangladesch will das Energieministerium laut Global Energy Monitor alle geplanten Kohlekraftwerks-Neubauten (22,9 GW) streichen, die nicht im Bau sind. Der Plan muss allerdings noch vom Premierminister genehmigt werden. Das philippinische Ministerium für Energie kündigte Pläne für ein Moratorium an, dass die Genehmigungen neuer Kohlekraftwerke mit einer Leistung von bis zu 9,6 GW betrifft. In Vietnam sieht der Entwurf des nächsten Energieplans (PD 8) vor, dass die Hälfte der geplanten Kohlekapazitäten (17,1 GW) gestrichten wird. In Indonesien könnten bis zu 15,0 GW neue Kraftwerkskapazitäten vor dem Aus stehen oder verschoben werden, darunter sind aber auch EE-Projekte mit einer Leistung von 2,3 GW. Grundlage ist der neue Energieplan (RUPTL 2021-2030).
Kohlekraftwerke: Rückgang in Europa und den USA – Indien dampft Planungen massiv ein
Der globale Rückgang der Kohle für die Stromerzeugung - außerhalb von China – ist deutlich spürbar. In Europa reduzieren mehr und mehr Länder die Kohleverstromung oder steigen komplett aus. In Schweden wurde 2020 das letzte Kohlekraftwerk (Värtaverket) endgültig stillgelegt. Auch in Österreich ist im April 2020 mit der Schließung des Kraftwerks Mellach (Umbau zum Gaskraftwerk) die Kohleära zu Ende gegangen. In Belgien wird bereits seit 2016 kein Kohlestrom mehr produziert, in Portugal wird den Planungen zu Folge im laufenden Jahr 2021 das letzte Kohlekraftwerk geschlossen.
Rückgang der Kohle auch in den USA: Laut der EIA-Behörde sind allein in den letzten fünf Jahren Kohlekraftwerke mit einer Gesamtleistung von 48 GW stillgelegt worden, für das Jahr 2021 gibt die EIA weitere geplante Kraftwerks-Abschaltungen mit einer Leistung von 2,7 GW an. Die Folge ist ein rasanter Rückgang des Kohleverbrauchs. Erstmals seit 130 Jahren hat in den USA im Jahr 2019 der Energiebrauch aus erneuerbaren Quellen den aus Kohle wieder übertroffen, so die EIA.
Auch in Indien zeichnet sich eine deutliche Abkehr von der Kohle ab. So hat Indien laut Global Energy Monitor allein im Jahr 2019 Kohlekraftwerkskapazitäten in Höhe von 47,4 GW und im Jahr 2020 noch einmal 28,4 GW aus den Planungen gestrichen. Aktuell sind in Indien noch Kraftwerke mit einer Leistung von 30 GW in Planung, verglichen mit ursprünglich 238,2 GW noch im Jahr 2015.
Gegen den Trend: China baut weiter Kohlekraftwerke – Neubau außer Kontrolle
Während mittlerweile in vielen Ländern die Nutzung der Kohle auf dem Rückzug ist, geht der Trend in China in die andere Richtung. Wie Global Energy Monitor und das Center for Research on Energy and Clean Air (CEA) in ihrem aktuellen Bericht vom Februar 2021 mitteilen, sind in China allein im Jahr 2020 neue Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 38,4 GW in Betrieb gegangen. Das ist mehr als das Dreifache dessen, was der Rest der Welt (11,9 GW) an Neubauleistung initiiert hat. Netto, unter Berücksichtigung von Stilllegungen, steigt die chinesische Kohlekraftwerksleistung um 29,8 GW, während im gesamten Rest der Welt die Nettokapazität an Kohlekraftwerken um 17,2 GW zurückgegangen ist.
China hat derzeit zudem Kohlekraftwerke mit einer gigantischen Leistung von 247 GW in der Entwicklung (88,1 GW im Bau und 158,7 GW in der Planung). Grund für den rasanten Anstieg ist offenbar weniger die Stromnachfrage als vielmehr die Lockerungen der Zentralregierung bei den Genehmigungen und die Gewährung günstiger Kredite im Zuge der COVID-19 Pandemie, um der wirtschaftlichen Abschwächung entgegen zu wirken. Um allerdings das angestrebte Ziel eines Netto-Null-Emissionsausstoßes bis 2060 in China auch tatsächlich zu erreichen, müsste nach einer CREA-Analyse die chinesische Kohlekraftwerkskapazität allein bis 2030 um 40 Prozent sinken, von derzeit 1.095 GW auf 680 GW. Danach sieht es derzeit überhaupt nicht aus.
© IWR, 2021
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