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OVG Münster stoppt Einbauverpflichtung für intelligente Messsysteme

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Münster – Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG Münster) hat per Beschluss vom 04. März 2021 den Smart Meter Rollout in Deutschland vorläufig gestoppt. Geklagt hatte ein privates Unternehmen aus Aachen, das auch andere Messsysteme vertreibt.

Das OVG Münster ist einem Eilverfahren zu der Einschätzung gekommen, dass eine Verfügung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) voraussichtlich rechtswidrig ist. Die Umsetzung der Verfügung des BSI wird daher ausgesetzt und damit auch die Einbauverpflichtung für intelligente Stromzähler gestoppt. Der Beschluss des 21. Senats ist unanfechtbar. Zudem sind beim 21. Senat noch etwa 50 gleich gelagerte Beschwerdeverfahren von Messstellenbetreibern (insbesondere Stadtwerken) anhängig, in denen der Senat in Kürze entscheiden wird. Das Hauptsacheverfahren (Klage gegen die Allgemeinverfügung) ist noch beim Verwaltungsgericht Köln unter dem Aktenzeichen 9 K 3784/20 anhängig.

OVG Münster kassiert Rollout von Smart Meter Gateways
Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG Münster) hat in einem Eilbeschluss vom 4. März 2021 (Aktenzeichen: 21 B 1162/20) die Einbauverpflichtung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) für intelligente Messsysteme gestoppt. Das BSI hatte zuvor in einer Allgemeinverfügung festgestellt, dass es technisch möglich ist, Messstellen mit intelligenten Messsystemen (Smart-Meter-Gateways) auszurüsten. Dadurch wurden Messstellenbetreiber (insbesondere Stadtwerke) bundesweit dazu verpflichtet, ihre Messstellen innerhalb einer Frist mit diesen intelligenten Messsystemen auszurüsten. Zum anderen bewirkte die Feststellung faktisch ein Verwendungsverbot für andere Messsysteme.

Zur Begründung führt der 21. Senat des OVG aus, dass die am Markt verfügbaren intelligenten Messsysteme nicht den gesetzlichen Anforderungen genügten. Sie seien hinsichtlich der Erfüllung der im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) und in Technischen Richtlinien normierten Interoperabilitätsanforderungen (Funktionalitätsanforderungen) nicht, wie gesetzlich vorgeschrieben, zertifiziert.

Dass sie den Anforderungen der Anlage VII der Technischen Richtlinie TR-03109-1 des BSI genügten, reiche nicht. Die Anlage VII sei nicht formell ordnungsgemäß zustande gekommen und auch materiell rechtswidrig, weil sie hinsichtlich der Anforderungen an die Funktionalität hinter den gesetzlich normierten Mindestanforderungen zurückbleibe. Dies habe unter anderem zur Konsequenz, dass Betreiber von Stromerzeugungsanlagen, die nach dem Gesetz mit intelligenten Messsystemen auszurüsten seien, nicht ausgestattet werden könnten. Die dem BSI zustehende Kompetenz, Technische Richtlinien entsprechend dem technischen Fortschritt abzuändern, gehe nicht so weit, dadurch gesetzlich festgelegte Mindestanforderungen zu unterschreiten. Seien die dortigen Mindestanforderungen nicht erfüllbar, müsse der Gesetzgeber tätig werden, so das OVG.

VDMA: Smart-Meter-Prozess muss sich auf Messstellenbetrieb fokussieren
Nach dem Urteil des OVG Münster sieht der VDMA Power Systems die Chance, den Smart-Meter-Prozess wieder hin zu seiner Kernaufgabe - den Messstellenbetrieb - zu konzentrieren. „Nun gilt es, gemeinsam Lösungen für die Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen zu entwickeln“, so VDMA Power Systems Geschäftsführer Matthias Zelinger. Der Maschinen- und Anlagenbau stehe bereit, die Digitalisierung der Energiewende in Deutschland mit voranzubringen.

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) kritisiert, dass das BSI die Smart Meter Gateways (SMGW) Messsysteme der ersten Generation nur auf wenige Funktionen bezogen zertifiziert hat. So hätten die SMGW kaum mehr Messdaten liefern können als bisher genutzte analoge Zähler. „Es ist schade, dass erst ein Gerichtsurteil knapp fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende den von an Anfang an verkorksten Prozess stoppen muss. Der im Messtellenbetriebsgesetz (MsbG) angelegte Zertifizierungsprozess ist ein strukturell überfrachtetes Desaster“, so BNE Geschäftsführer Robert Busch. Wenn Deutschland seine Führungsrolle bei der Digitalisierung der Energiewende wieder zurückholen wolle, müsse ein schnellerer und besserer Weg zur Wiedererlangung der Innovationsfähigkeit eingeschlagen werden. Busch fordert einen technologieoffenen Ansatz, um die Zukunft für moderne leistungsfähige und damit marktgerechte Digitalisierungslösungen zu sichern.

Das BSI selbst zeigte sich von der Entscheidung des OVGs Münster überrascht, nachdem das Verwaltungsgericht Köln (VG) in der Vorinstanz noch zugunsten des BSI entschieden hatte. Das BSI kündigte an, die Entscheidungsgründe des OVG eingehend zu prüfen. Man hoffe, die Bedenken des OVGs im noch anstehenden Hauptsacheverfahren umfassend entkräften zu können, so das BSI.


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09.03.2021

 



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