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Frankreich erhöht Preise für Atomstrom um über 60 Prozent und setzt auf Offshore Windenergie

© Mickael-Clemenceau© Mickael-Clemenceau

Paris – In Frankreich werden die staatlich gedeckelten Preise für den Atomstrom in Zukunft drastisch erhöht. Darauf haben sich offenbar der französische Staat und der staatliche Energieversorger Electricité de France (EDF) geeinigt. Gleichzeitig werden die Konturen der zukünftigen französischen Energiepolitik deutlicher.

Die französische Regierung hat den kriselnden Energieversorger EDF 2023 komplett verstaatlicht und bestimmt zukünftig die Geschicke des Unternehmens selbst. Trotz hoher Schulden muss EDF zukünftig die milliardenschwere AKW-Laufzeitverlängerung und den Bau neuer Atomkraftwerke finanzieren. Die französische Regierung plant aber auch den Ausbau der Offshore Windenergie im großen Stil, allein 2025 sollen in Frankreich Offshore-Windparks mit einer Leistung von 10.000 MW ausgeschrieben werden.

Preis für Atomstrom steigt ab 2026 um 67 Prozent auf 7 ct/kWh
Die Geschäftsführung des staatlichen Energieversorgers EDF und die französische Regierung haben sich am 14.11.2023 nach schwierigen Verhandlungen auf eine Anpassung der Strompreise für Strom aus Atomkraftwerken geeinigt. Das berichtete bereits die französische Tageszeitung Le Monde. Danach soll der Preis für Strom aus französischen Atomkraftwerken ab 2026 von 42 Euro pro MWh (4,2 ct/kWh) um 67 Prozent auf 70 Euro pro MWh (7,0 ct/kWh) steigen. Hintergrund ist, dass das Arenh-System Ende 2025 ausläuft. Danach musste EDF bis zu 100 Mrd. kWh Strom an Wettbewerber zu staatlich gedeckelten Preisen von 4,2 ct/kWh verkaufen. Unklar ist, welche Konsequenzen das für die französischen Stromverbraucher hat.

Künftig soll der höhere Preis für Atomstrom von 7 ct/kWh für die gesamte französische AKW-Stromproduktion gelten und nicht nur für die 100 Mrd. kWh. Zusätzlich wird allerdings ein Mechanismus zur Umverteilung der EDF-Einnahmen eingeführt. Das bedeutet, dass EDF 50 Prozent der Einnahmen über 7,8 – 8,0 ct/kWh und 90 Prozent über 11,0 ct/kWh an die Verbraucher zurückgeben muss. Diese Kosten pro kWh enthalten jedoch nicht weitere Kosten wie etwa die Durchleitung, etc.

Massiver Ausfall von französischen Atomkraftwerken treibt EDF-Schulden
Wie Le Monde weiter berichtet, habe der massive Ausfall französischer Kernkraftwerke im Jahr 2022 zu der „katastrophalen“ Situation geführt, dass zur Kompensation des fehlenden Atomstroms teurer Strom am europäischen Markt gekauft werden musste. Nach den veröffentlichten Daten von EDF fiel die Atomstromproduktion 2022 um 82 Mrd. kWh auf 279 Mrd. kWh gegenüber dem Vorjahr 2021 (361 Mrd. kWh) und damit auf den niedrigsten Stand seit über 30 Jahren. Alle französischen Nachbarländer mussten Frankreich mit Stromlieferungen aushelfen, das Land wurde 2022 zum Netto-Stromimporteur.

Zudem hatte die französische Regierung auch noch die Arenh-Obergrenze auf 120 Mrd. kWh erhöht, um die Verbraucher vor Strompreissteigerungen zu schützen. Dadurch wurde EDF gezwungen, einen noch höheren Anteil seiner ohnehin niedrigen Atomstromproduktion im letzten Jahr an Konkurrenten zu einem Preis abzugeben, der deutlich unter dem Marktpreis lag. Mit den gestiegenen Strompreisen am Markt, die auf über 20 ct/kWh kletterten und teilweise Spitzenwerte von über 40 ct/kWh erreichten, schnellten die Schulden von EDF in die Höhe. So stieg der Schuldenberg von EDF binnen eines Jahres von 43 Mrd. Euro (2021) um 50 Prozent auf 64,5 Mrd. Euro Ende 2022.

Trotz hoher Schulden plant EDF hohe Milliarden-Finanzierung für die AKW-Laufzeitverlängerung und den AKW-Neubau
Der verstaatlichte Energieversorger EDF steht nun vor einer gewaltigen Herausforderung. Zusätzlich zur bestehenden hohen Schuldenlast verschlingt laut Le Monde die "grand carénage", d.h. die Verlängerung der Betriebsdauer bestehender Kernkraftwerke auf mindestens 50 Jahre, alleine etwa 66 Mrd. Euro. Für den AKW-Neubau werden geschätzte 51,7 Mrd. Euro veranschlagt.

Ende Juni 2023 hatte EDF bekannt gegeben, dass das Unternehmen das erste ERP2-Reaktorpaar am bisherigen AKW-Standort Penly bauen will. In derselben Mitteilung schlägt EDF zudem vor, dass drei ERP-Reaktorpaare – der Reihe nach, d.h. also nacheinander und nicht parallel - an den Standorten Penly, Gravelines (Hauts de France) und in der Region Auvergne Rhône-Alpes in Bugey oder Tricastin errichtet werden sollen. Bei Bauzeiten von 10 und mehr Jahren für den Neubau von Atomkraftwerken dürfte danach der erste französische AKW-Neubau am Standort Penly allerdings nicht vor 2035 am Netz sein.

Frankreich baut Offshore Windenergie aus und setzt auf grünen Wasserstoff
Neben der Nutzung der Atomenergie baut Frankreich als weitere Säule die Offshore Windenergie kräftig aus. Im Jahr 2025 plant die französische Regierung unter Berücksichtigung von Umweltkriterien die Ausschreibung von Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 10.000 Megawatt (10 GW). Damit kann Frankreich bis 2035 das Ziel erreichen, die Offshore-Windenergie auf eine Kapazität von 18.000 MW (18 GW) auszubauen. Bis 2050 soll die installierte Offshore-Windkraftleistung dann auf 45.000 MW (45 GW) steigen.

Frankreich setzt beim Ausbau der Offshore Windenergie auf konventionelle und auf schwimmende Offshore-Windparks (Floating Offshore), zudem werden Konzepte zur Produktion von grünem Wasserstoff direkt an Offshore Windkraftanlagen umgesetzt. Zu den weltweiten Pionieren einer grünen Wasserstoffproduktion gehört hier das französische Unternehmen Lhyfe, das mit Sealhyfe ein Offshore-Pilotprojekt zur grünen Wasserstoffproduktion verfolgt. Im Juni 2023 hat die mit einem Elektrolyseur ausgestattete Sealhyfe-Plattform mit der Produktion des ersten Offshore-Wasserstoffs am Standort im Atlantik einen wichtigen Meilenstein für die Zukunft des Sektors erreicht, die Offshore-Testphase wurde jetzt beendet. Lhyfe will von den bisher gesammelten Erfahrungen nun profitieren, laut Guesné, Gründer und CEO von Lhyfe ist „die Produktion von Wasserstoff auf See nun Realität und der Countdown für die Ausweitung hat begonnen.“


© IWR, 2023


04.12.2023

 



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