Effektive Perowskit-Solarzellen: Forschende können freie Elektronen mit ultraschnellem Mikroskop beobachten
Der größte Nachteil der Perowskit-Solarzellen ist derzeit noch die Instabilität, die Leistung lässt zu schnell nach. Forschende der Universität Regensburg und der Universität Oxford können jetzt aber mit einem ultraschnellen Mikroskop sehen, wie sich Elektronen in einem neuartigen Solarzellen-Material bewegen. Die neue Messmethode ist eine entscheidende Voraussetzung für zukünftige Verbesserungen, nicht nur auf dem Gebiet der Solarzellen.
Grundverständnis wichtig: welche Wege nehmen Elektronen
Das Grundprinzip der Solarenergie ist einfach, im Detail aber mitunter schwierig. Das Sonnenlicht, welches aus einzelnen Lichtquanten – sogenannten Photonen – besteht, wird in der Solarzelle absorbiert. Dabei geben die Photonen ihre Energie an Elektronen ab, welche dadurch auf höherenergetische Bahnen gehoben werden, wo sie sich freier bewegen können.
Diese werden an geeigneten elektrischen Kontakten extrahiert und so in nutzbare elektrische Energie umgewandelt. Die Effizienz einer Solarzelle hängt dabei entscheidend davon ab, wie leicht sich diese kurzlebigen Ladungsträger durch das Material bewegen können, um die Kontakte zu erreichen, ehe sie wieder zerfallen. Soweit so gut.
Um Solarzellen aber gezielt weiter optimieren zu können, ist es wichtig, genau zu verstehen, wie dieser Transport im Detail abläuft, d.h. welche Wege die Elektronen nehmen und wodurch die Bewegung eingeschränkt wird. An dieser Stelle setzen die Forschenden nun mit einer neuartigen Messmethode an.
Erster Schritt: Neues ultraschnelles Mikroskop leistet genaue Detektiv- und Positionsarbeit
Forschende an der Universität Regensburg um Prof. Dr. Rupert Huber konnten die Wege der Elektronen nun mit einem neuartigen ultraschnellen Mikroskop an maßgeschneiderten Proben von Prof. Dr. Michael Johnston (Oxford University) untersuchen. Das Team hat nicht nur gezielt freie Elektronen erzeugt, es konnte auch deren Diffusion auf ultrakurzen Zeitskalen verfolgen. Dies stellte bei Perowskit-Solarzellen bisher eine besondere Herausforderung dar, da diese nicht homogen sind, sondern aus vielen kleinen Körnern bestehen, die nur Hunderte Nanometer – der milliardste Bruchteil eines Meters – groß sind.
Gleichzeitig sind diese Nanokristalle unterschiedlich und können bei Raumtemperatur in einer von zwei unterschiedlichen atomaren Strukturen vorkommen, von denen aber nur eine zur Nutzung in Solarzellen geeignet ist. Es ist also wichtig, genau zu wissen, wo man sich auf der Probe befindet und welcher kristalline Aufbau gerade untersucht wird. Daher verwendeten die Forschenden ein Mikroskop, mit dem sie die Position ihrer Messung auf Nanometer genau kontrollieren und gleichzeitig mithilfe optischer Methoden extrahieren können, ob sie gerade auf einem Kristallit mit dem richtigen atomaren Aufbau sitzen.
Zweiter Schritt: Nach der Positionsbestimmung folgt die Messung der Elektronen-Bewegungen
Nachdem das Team die genaue Form und Kristallstruktur der Nanofelsen lokalisiert hatte, beleuchtete es die Probe mit einem kurzen Lichtimpuls, der – wie die Sonne – Elektronen in bewegliche Zustände anregte. Die folgende Bewegung der Ladungen konnten die Forschenden daraufhin mit einem zweiten Laserimpuls ausmessen.
„Sehr vereinfacht gesprochen, wirken die Ladungen wie ein Spiegel. Wenn sich diese Ladungen nun z.B. nach unten weg von unserem Messpunkt bewegen, dann wird der zweite Laserimpuls später reflektiert. Aus diesem winzigen Zeitversatz von nur wenigen Femtosekunden – wobei eine Femtosekunde dem millionsten Bruchteil einer milliardstel Sekunde entspricht – können wir die genaue Bewegung der Ladungen rekonstruieren“, erklärt Svenja Nerreter.
Dritter Schritt: Analyse des Bewegungsprofils der Ladungen
Die Forschenden konnten nun genau dabei zuzuschauen, wie sich die angeregten Elektronen durch das Labyrinth aus verschiedenen Kristalliten bewegen. Insbesondere war es jetzt möglich, auch die technisch besonders relevante Bewegung in die Solarzelle hinein nach der Anregung zu untersuchen.
Die Ergebnisse waren überraschend: Obwohl das Material aus vielen unterschiedlichen Nanokristallen besteht, ist der vertikale Ladungstransport auf der Nanometer-Längenskala unbeeinflusst von Unregelmäßigkeiten in der genauen Form der Nanokristallite – ein möglicher Grund für den Erfolg von Perowskit-Solarzellen.
Als die Forschenden auch großflächigere Regionen auf der Skala mehrerer hundert Mikrometer untersuchten, zeigte sich allerdings auch, dass es Unterschiede zwischen Mikrometer-großen Regionen aus hunderten kleinen Nanokristalliten gibt, wobei einige Regionen effizienter im Ladungstransport sind als andere.
Lokale Hotspots entscheidend für die Entwicklung neuer Solarzellen
Die gefundenen lokalen Hotspots könnten der Entwicklung neuer Solarzellen einen effektiven Schub geben. Die neuartige Messmethode der Forschenden kann direkt Einblick in die Verteilung und Effizienz der einzelnen Regionen geben und ist ein wichtiger Schritt zur weiteren Verbesserung von Perowskit-Solarzellen. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Nature Photonics veröffentlicht.
„Unsere neu entwickelte Methode erlaubt uns erstmals, das komplexe Zusammenspiel zwischen Ladungstransport, Kristallkonfiguration und der Form der Kristallite direkt auf der Nanoskala zu beobachten. Damit kann sie genutzt werden, um Perowskit-Solarzellen gezielt weiter zu verbessern“, erklärt Prof. Huber. Die neue Messmethode sei aber nicht auf moderne Solarzellen beschränkt.
So könnte der Durchbruch auch für die Entwicklung von ultimativ kleinen und schnellen Transistoren sowie für die Erklärung eines der größten Rätsel der Festkörperphysik – Hochtemperatur-Supraleitung – eine wertvolle Hilfe sein.
© IWR, 2024
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