Atomkraftwerke: Belgien kippt überraschend Atomausstieg – Keine Planungssicherheit für AKW-Betreiber
In Belgien sind noch vier von ursprünglich sieben Atomkraftwerken in Betrieb, bis Ende des Jahres 2025 wird der Betreiber Engie allerdings noch zwei alte Atomkraftwerke nach 50 Jahren Betriebszeit planmäßig vom Netz nehmen. Dann verbleiben die zwei jüngsten Atomkraftwerke (Alter: 40 Jahre) mit zusammen 2.180 MW am Netz, deren Laufzeitverlängerung bis 2035 im Rahmen eine Ausnahmeregelung schon seit Jahren vorbereitet und 2024 beschlossen wurde.
Politik: Neues Gesetz hebt AKW-Ausstiegsbeschluss aus dem Jahr 2003 ganz auf
Am 15. Mai 2025 hat das belgische Parlament den ursprünglich festgelegten Atomausstieg kurz vor dessen endgültiger Umsetzung überraschend gekippt. Das Gesetz aus dem Jahr 2003 sah vor, die Nutzung der Kernenergie bis spätestens 2025 vollständig zu beenden. Die nach den Wahlen im Juni 2024 nun seit Februar 2025 amtierende Regierung unter dem konservativen Premierminister Bart de Wever will jetzt die Kehrtwende und wieder auf die Kernenergie setzen. Doch entscheidend ist die Frage, ob dieser Beschluss realpolitisch auch umsetzbar ist – oder vor allem Symbolpolitik bleibt. So ist bislang völlig offen, wer die teilweise über 50 Jahre alten Reaktoren künftig betreiben oder reaktivieren soll.
Noch im Jahr 2024 hatte das belgische Parlament den Atomausstieg bis 2025 ausdrücklich bestätigt, jedoch eine Ausnahme für die beiden jüngsten Atomkraftwerke Doel 4 (1985) und Tihange 3 (1985) beschlossen. Die Ausnahmeregelung wurde nur mit großem technischem Aufwand, einer 50%igen Beteiligung des belgischen Staates an der neuen Betreibergesellschaft BE-NUC, einer Übernahme des radioaktiven Atommülls durch den belgischen Staat sowie einer von Brüssel genehmigten staatlichen Subventionierung des Atomstroms für die nächsten 10 Jahre möglich.
Für die anderen drei noch in Betrieb befindlichen belgischen Atomkraftwerke (Doel 1, Doel 2 und Tihange 1) ist die endgültige Abschaltung bis Ende 2025 bereits konkret vorbereitet oder bereits erfolgt. So ist schon im Februar 2025 das AKW Doel 1 (Bruttoleistung: 450 MW) nach einer Betriebszeit von 50 Jahren endgültig vom Netz genommen worden, die Stilllegung des siamesischen Zwillings AKW Doel 2 (450 MW) erfolgt nach den derzeitigen Planungen am 01. Dezember 2025. Für das Atomkraftwerk Tihange 1 (1.000 MW) ist die Abschaltung am 01. Oktober 2025 vorgesehen.
Ob sich diese Abschaltpläne noch aufhalten lassen, ist angesichts technischer und sicherheitsrechtlicher Rahmenbedingungen mehr als fraglich.
AKW-Betreiber Engie: Keine strategische Perspektive für Kernkraft
Engie, Betreiber sämtlicher belgischer Reaktoren, hatte sich im Rahmen der Verlängerung von Doel 4 und Tihange 3 mit je 1.090 MW klar zur Umsetzung bis 2035 bekannt. Doch zugleich betont das Unternehmen, dass die Kernenergie nicht mehr Teil der strategischen Unternehmensplanung ist.
Vincent Verbeke, CEO von Engie Belgien, machte bereits mehrfach deutlich, dass man sich aus langfristigen Investitionen in Kernenergie bewusst zurückzieht und stattdessen den Fokus auf erneuerbare Energien, Speicherlösungen und Flexibilität legt.
Ein Grund für diese Haltung dürfte neben den Planungsrisiken über einen so langen Zeitraum auch das fortgeschrittene Alter der belgischen Reaktoren sein. Doel 4 und Tihange 3, die in die Laufzeitverlängerung gehen, haben schon jetzt über 40 Betriebsjahre erreicht – bis 2035 wären es 50. Die Atomkraftwerke Doel 1 und Doel 2 sind noch älter und seit 1974 bzw. 1975 in Betrieb, d.h. Stand heute schon 50 Jahre am Netz, ebenso das Atomkraftwerk Tihange 1 (Inbetriebnahme 1975).
Angesichts des hohen Alters dieser Atomkraftwerke und der sicherheitstechnischen Herausforderungen ist unklar, ob eine technische Verlängerung überhaupt möglich ist und welcher Betreiber das organisieren will.
Perspektive: Neubau von Atomkraftwerken und politische Unsicherheit
Auch der Neubau von Atomkraftwerken in Belgien würde von der Planung bis zur Umsetzung mindestens zehn bis fünfzehn Jahre beanspruchen – eine Zeitspanne, die kaum mit kurzfristigen politischen Beschlüssen vereinbar ist. Die nächste reguläre Parlamentswahl in Belgien ist für 2029 vorgesehen.
Dann könnte das belgische Parlament – je nach Mehrheitsverhältnissen – das jetzige Gesetz zum Ausstieg aus dem Atomausstieg ebenso schnell wieder kippen. Für AKW-Betreiber entsteht damit ein energiepolitisches Umfeld ohne langfristige Verlässlichkeit.
© IWR, 2025
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