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Mindestens 10 Milliarden Euro: Rückbau des Atomkraftwerks Lubmin kostet doppelt so viel wie geplant und dauert deutlich länger

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Münster – Das Atomkraftwerk Greifswald bei Lubmin war mit acht geplanten Reaktoren das größte Kernkraftwerksprojekt der DDR. Der Rückbau des Kernkraftwerks wird nach einem Bericht des NDR deutlich teurer – und dauert auch wesentlich länger als ursprünglich vorgesehen.

Im Jahr 1995 wurde der Rückbau noch auf 3 bis 5 Milliarden Euro geschätzt. Inzwischen liegen die Prognosen laut NDR bei mindestens 10 Milliarden Euro – also eine mindestens doppelt so hohe Summe. Auch der Zeitrahmen hat sich deutlich verschoben: Statt 2028 ist nun frühestens 2045 als Fertigstellungstermin im Gespräch – eine Verzögerung von rund 20 Jahren.

NDR-Bericht: Milliarden-Mehrkosten durch Mittelkürzungen und hohe Strahlenbelastung
Laut NDR sind die drastisch gestiegenen Kosten vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen: Erstens kürzte der Bund im Jahr 2022 die jährlichen Mittel für das bundeseigene Entsorgungswerk für Nuklearanlagen (EWN), was zu Personalabbau und erheblichen Verzögerungen führte. Zweitens stellte sich heraus, dass insbesondere das sogenannte „Spezialgebäude 1“ stärker radioaktiv kontaminiert ist als bisher angenommen.

Der stark belastete Beton muss unter strengen Strahlenschutzauflagen entfernt werden, zum Teil unter statikrelevanten Eingriffen in die Gebäudestruktur. Zusätzlich erschwert die ungeklärte Endlagersituation den Rückbau, da dadurch hohe Zwischenlagerkosten vor Ort entstehen.

Die erst zuletzt im Jahr 2022 auf 6,6 Milliarden Euro geschätzten Gesamtkosten für den Rückbau sind somit erneut überholt. Die angehobene Schätzung auf mindestens 10 Milliarden Euro berücksichtigen aber laut NDR noch nicht "die inflationsbedingten Kostensteigerungen und Lohnkostenentwicklungen der letzten Jahre". Bislang wurden rund 4,2 Milliarden Euro ausgegeben.

Zeitplan: Rückbau verzögert sich um rund zwei Jahrzehnte – Fertigstellung frühestens 2045
Das Atomkraftwerk Greifswald wurde 1990 vom Netz genommen, die Rückbaugenehmigung erfolgte 1995. Ursprünglich sollte der Rückbau bis 2028 abgeschlossen sein – dieses Ziel wird jedoch deutlich verfehlt.

Abgesehen von der erfolgreichen Umlagerung der Brennelemente (Castoren) in das Zwischenlager Nord liegen nahezu alle Arbeitsschritte deutlich hinter dem Zeitplan.
Neuer Zielhorizont für die Fertigstellung: Mitte der 2040er-Jahre, also etwa 2045.

Über das Atomkraftwerk Greifswald bei Lubmin
Das Atomkraftwerk Greifswald - auch umgangssprachlich als „Atomkraftwerk Lubmin“ bezeichnet - war der bedeutendste Kernkraftwerksstandort der DDR. Neben Lubmin existierte in der DDR nur ein weiteres Kernkraftwerk: das AKW Rheinsberg mit 70 MW Leistung (in Betrieb von 1966 bis 1990).

Von den insgesamt acht geplanten Kernkraftwerken in Lubmin sind vier russische Druckwasserreaktoren vom Typ WWER-440/V-230 mit je 440 MW zwischen 1974 und 179 in Betrieb gegangen.

Der Block 5 vom Typ WWER-440/V-213 mit 440 MW wurde zwar fertiggestellt, ging aber nie in Betrieb. Bei dem AKW-Typ WWER-440/V-213 handelt es sich um eine sicherheitstechnisch überarbeitete Nachfolgeversion des V-230. Das zweite baugleiche AKW dieses Typs war noch nicht fertiggestellt, der Bau wurde eingestellt.

Die zwei weiteren AKW-Blöcke vom Typ WWER-1000 mit je 1.000 MW befanden sich lediglich im Planungsstadium.

Der WWER-440/V-213 galt zwar als sicherheitstechnisch überarbeitete Weiterentwicklung des älteren V-230-Typs, erfüllte jedoch trotzdem nicht alle westlichen Sicherheitsstandards - ein wesentlicher Grund, warum diese Reaktoren nach der Wiedervereinigung nicht mehr in Betrieb gingen.

© IWR, 2025


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