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SMR: US-Entwickler von Mini-Atomkraftwerken unter Druck – Sammelklage von Aktionären gegen NuScale Power

© NuScale Power Corporation© NuScale Power Corporation

Portland, USA – Kleine modulare Atomkraftwerke (Small Modular Reactors, SMR) oder Mini-Atomkraftwerke werden von der Atomindustrie als richtungsweisende Alternative zu den großen Kernkraftwerken präsentiert. Ein bedeutender SMR-Entwickler ist das börsennotierte US-Unternehmen NuScale Power Corporation (NuScale). Doch eine Analyse von Iceberg Research, die Stornierung eines bedeutenden SMR-Vorzeigeprojekts in Idaho und zuletzt die Einreichung einer Sammelklage bringen das Unternehmen in der Folge offenbar immer mehr in die Bredouille.

Die NuScale Power Corporation hat einen SMR entwickelt, dessen Design von der U.S. Nuclear Regulatory Commission - als erster und bisher einziger SMR - zertifiziert wurde. NuScale sieht sich so gut positioniert, um Kunden auf der ganzen Welt durch die Bereitstellung von Kernenergie zu bedienen. Doch die Umsetzungsprobleme sind anscheinend gravierender als gedacht und über einen operativen Vorzeige-SMR verfügt NuScale nicht. Die Zukunft des Unternehmens scheint ungewisser denn je, doch NuScale wehrt sich.

Iceberg-Research: Zwei bedeutende SMR-Verträge - ein Fake-Kunde?
Laut Iceberg Research hatte NuScale zum Zeitpunkt der Veröffentlichung am 19.10.2023 zwei bedeutende Verträge. Bei dem ersten Vertrag handelt es sich um eine Vereinbarung über 462 MW (6 SMR mit je 77 MW) mit Utah Associated Municipal Power Systems (UAMPS), einem Konsortium, das rund 50 Kommunen Strom im Großhandel liefert, zum Preis von 9,3 Mrd. USD in Idaho.

Beim zweiten Vertrag geht es laut Iceberg Research um 1.848 MW SMR-Leistung, die unterzeichnete Vereinbarung mit dem Blockchain-Rechenzentrumsdienstleister Standard Power hat danach einen geschätzten Wert von etwa 37 Mrd. USD. Am 06. Oktober 2023 stieg die Aktie von NuScale um über 20 Prozent, nachdem der Vertrag über die Lieferung von 24 SMR-Modulen mit je 77 MW im Jahr 2029 bekannt wurde. NuScales Handelspartner Entra 1 sollte danach die SMR entwickeln, verwalten, besitzen und betreiben, während das Blockchain-Rechenzentrumsdienstleister Standard Power der Endnutzer wäre.

Iceberg Research zeigt allerdings indirekt auf, dass eine solche gigantische finanzielle Verpflichtung über 37 Mrd. USD wohl in keinem Verhältnis zu einem Unternehmen steht, das offenbar nur 30 Mitarbeiter beschäftigt und einen Data-Mining-Leistungsbedarf von rd. 50 MW hat. Auch muss das Auftragsvolumen und -risiko vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass NuScale selbst noch keinen SMR operativ betreibt und es weltweit erst zwei in Betrieb befindliche SMR-Anlagen gibt, ein SMR in China und ein anderer in Russland. Iceberg Research ist der Meinung, dass keine Chance besteht, dass dieser Vertrag ausgeführt wird.

Utah Associated Municipal Power Systems (UAMPS) und NuScale Power beerdigen Carbon Free Power Project (CFPP)
Am 08.11.2023 haben sich dann Utah Associated Municipal Power Systems (UAMPS) und NuScale auf die Beendigung des Carbon Free Power Projects (CFPP) geeinigt. Grund sind Kostenexplosionen und Finanzierungsprobleme. Laut dem Institute for Energy Economics and Financial Analysis lag der Zielpreis für den Atomstrom noch Mitte 2021 bei 58 USD/MWh (5,8 ct/kWh). Dieser Preis ist mittlerweile auf 89 USD/MWh gestiegen und ein Ende ist nicht in Sicht. Die geschätzten Baukosten sind von 5,3 auf 9,3 Mrd. USD und damit um 75 Prozent gestiegen.

Die Stromerzeugungskosten für den Atomstrom wären ohne die 4 Mrd. USD an staatlichen Steuersubventionen allerdings noch deutlich höher, die einen Beitrag des US-Energieministeriums in Höhe von 1,4 Mrd. USD und einen Preisnachlass von 30 USD/MWh im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) umfassen.

Zudem weist das Institut darauf hin, dass sich die Kosten für den Atomstrom in Höhe von 8,9 ct/kWh (89 USD/MWh) nur auf das Jahr 2022 beziehen und der Preis deutlich höher erwartet wird, wenn der SMR einmal fertiggestellt ist.

Block & Leviton LLP verklagt NuScale wegen Verstöße gegen das Wertpapierrecht
Am 22.12.2023 hat Block & Leviton LLP, eine US-Wertpapierkanzlei, bekannt gegeben, dass sie im Namen von Aktionären eine Sammelklage gegen NuScale Power Corporation und einige seiner Führungskräfte wegen Wertpapierbetrugs eingereicht hat. Die Klage wurde beim US-Bezirksgericht für den Bezirk Oregon eingereicht und trägt den Titel Sigman gegen NuScale Power Corporation et al., Nr. 3:23-cv-01689 (D. Or.). Block & Leviton LLP will Anleger vertreten, die zwischen dem 15. März und dem 19. Oktober 2023 Aktien der NuScale Power Corporation gekauft und Geld verloren haben.

Block & Leviton beziehen sich in der Klage auf den am 19.10.2023 veröffentlichten Bericht von Iceberg Research, in dem laut der Wertpapierkanzlei den Behauptungen von NuScale widersprochen wird, dass das Unternehmen in der Lage sei, die zwei bereits genannten großen Verträge zu erfüllen: den einen Vertrag mit Utah Associated Municipal Power Systems (UAMPS) für das Free Power Project (CFPP) und den anderen Vertrag mit Standard Power, die sich auf Blockchain-Mining und Hochleistungs-Computing-Anwendungen konzentrieren.

Bereits am 19.10.2023 fiel die Aktie von NuScale danach bei hohen Umsätzen um 12 Prozent und schloss bei 4,46 USD pro Aktie. Am 08.11.2023, nach der Bekanntgabe über die Beendigung des Projekts mit der Utah Associated Municipal Power Systems, fiel der Kurs am 09.11.2023 um 32,9 Prozent und schloss bei 2,08 USD pro Aktie.

In der Klageschrift von Block & Leviton wird vorgetragen, dass die Beklagten während des gesamten Sammelklagezeitraums wesentlich falsche und/oder irreführende Angaben gemacht und es versäumt haben, wesentliche negative Fakten über das Geschäft, den Betrieb und die Aussichten des Unternehmens offenzulegen.

NuScale Power sieht ungenaue und irreführende „Forschung“
NuScale Power Corporation hat mit einer Erklärung als Reaktion auf „einen irreführenden Leerverkäuferbericht vom 19. Oktober 2023“ reagiert, ohne Iceberg Research direkt zu nennen. Die laut NuScale ungenaue und irreführende „Forschung“ sei gespickt mit spekulativen Aussagen ohne tatsächliche Grundlage und zeige ein begrenztes Verständnis von kleinen modularen Kernreaktoren (SMRs) und der Kernenergieindustrie.

So kenne und arbeite NuScale seit Jahren mit Standard Power zusammen, das von sehr vermögenden Family Offices und Finanzinstituten mit Sitz in den USA unterstützt werde. In der Entwicklung befindliche Rechenzentrumsprojekte benötigten etwa vier Gigawatt Leistung, so NuScale. Standard Power werde zudem vom Vorsitzenden Douglas Wurth geleitet, der fast 20 Jahre lang als leitendes Mitglied von JP Morgan tätig war.

NuScale verweist auch darauf, dass das Unternehmen keine Schulden habe und mit Stand vom 30.09.2023 über 190 Mio. USD an Barmitteln verfügt.

© IWR, 2024


05.01.2024

 



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