Erneuerbare Energien: Wie Forschende das Stromnetz der Zukunft sehen
© Universität Passau, Colourbox
Wie ein Stromnetz bei 100 Prozent erneuerbaren Energien aussehen und stabil betrieben werden kann, dieser Frage gehen Forschende der Universität Passau im Rahmen des europaweiten Gemeinschaftsprojekts EASY-RES nach.
Diskrepanz: viele dezentrale Einspeiser - zentrale Stabilisierung des Stromnetzes
„Damit ein Stromnetz stabil ist, muss nicht nur genug eingespeist werden“, sagt Prof. Dr. Hermann de Meer, Inhaber des Lehrstuhls für Rechnernetze und Rechnerkommunikation der Universität Passau und Leiter des Passauer Forschungsteams. Vor allem werden Dienstleistungen benötigt. So muss beispielsweise die Stromfrequenz im Netz konstant gehalten werden und das Netz muss auch träge sein, also kleine Schwankungen automatisch abfedern. Zwar kommt heute fast die Hälfte des Stroms von kleinen Anbietern, die Stabilisierung des Netzes erfolgt aber noch zentral. „Das ist ineffizient und instabil“, sagt de Meer.
Wenn eine Solarfarm auf dem Land einspeist, dann sollte nach Ansicht der Forschenden der Netzausgleich nicht von einem Kraftwerk hundert Kilometer entfernt kommen, sondern von der einspeisenden Anlage selbst. De Meer: „Fast ein Drittel des Stroms im Netz wird nur für die verschiedenen Stabilisierungsdienste benötigt. Das braucht aufwändige Infrastruktur wie zusätzliche Leitungen oder sogar Großkraftwerke. Dabei entstehen große Übertragungsverluste und es belastet die Umwelt.“
Ziel von EASY-RES: Stabilisierung des Stromnetzes vor Ort
Ein Ziel des Projekts EASY-RES ist es, dass Erzeugungsanlagen, die einspeisen, zur Stabilisierung des Stromnetzes gleich vor Ort beitragen sollen. Die Forschenden entwickeln eine Plattform, über die sich tausende kleine und mittlere Einspeiser intelligent vernetzen können. Das Ergebnis ist ein virtuelles Kraftwerk, das nicht nur Strom liefert, sondern das Netz auch stabilisiert, indem es beispielsweise erneuerbare Energien intelligent zwischenspeichert.
„Das Netz stabil halten, ist aktuell ziemlich teuer und macht einen großen Teil des Strompreises aus“, sagt de Meer. Dementsprechend viele Leistungen wie Frequenzglättung, Bereitstellung von Momentanreserve, verschiedene Reserveenergien zur Frequenzhaltung oder die Spannungshaltung mittels Blindleistungsmanagement zählen dazu. Daher sollen sich in Zukunft die Dienstleistungen für die kleineren Einspeiser auch finanziell lohnen, so de Meer.
Erste Projekt-Meilensteine erreicht
Die ersten Projekt-Meilensteine haben die Forschenden abgeschlossen, teilte die Universität Passau mit. So wurden inzwischen die meisten Messungen an den intelligenten Konvertern gemacht, über die Produzenten später Energie ins Netz einspeisen. „Diese Daten sind die Grundlage für unsere Arbeit“, sagt de Meer. Sein Lehrstuhl arbeitet an der Plattform mit, die später die Einspeiser vernetzen soll. „Dabei sind die Anforderungen an die Software-Plattform sehr hoch, denn sie muss den Zugriff von tausenden Geräten koordinieren können, muss sicher funktionieren, auch wenn fehlerhafte Daten gemeldet werden. Die Software darf weder ausfallen und nicht manipulierbar sein. „Wenn jemand Strom einspeist und das Netz stabilisiert, muss das abgerechnet und bezahlt werden können. Diese Abrechnungen müssen fälschungssicher sein und vor Gericht standhalten können“, betont de Meer die Herausforderungen.
Über das europäische Projekt EASY-RESX
An dem Projekt beteiligen sich Informatiker und Ingenieure aus mehreren Firmen und Stromversorgen in Europa sowie Forschungseinrichtungen aus Griechenland, Spanien, den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland. EASY-RES ist Teil des EU-Programms „Horizon2020“ und wird mit insgesamt 4,5 Millionen Euro gefördert. Weil sich aufgrund der Covid-19-Pandemie viele Labor-Tests verzögerten, wurde das Projekt um ein halbes Jahr verlängert – bis Ende 2021.
© IWR, 2021
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